Auswanderung der Deutschen
Teil I 1763 - 1820
1 Gründe für die Auswanderung
1.3 Religiöse Auswanderungsgründe
1.3.3.1 Gnadenbrief
Zar Paul I., Sohn der russischen Zarin Katharinas II., erließ im Jahre 1800 einen Gnadenbrief für die Mennoniten, der ihre Privilegien bestätigte. Zugleich sollten so weitere Mennoniten für eine Ansiedlung gewonnen werden.
Paul I. sicherte den Mennoniten, die wegen "ihrer ausgezeichneten Arbeitsamkeit und ihres geziemenden Lebenswandels den übrigen dort [Chortiza] angesiedelten Kolonisten zum Muster dienen können", nicht nur die Beibehaltung der ihnen bereits gewährten Rechte zu, sondern noch weitere Privilegien "um ihren Fleiß und ihre Sorgfalt zur Landwirtschaft noch mehr aufzumuntern".
- Die Glaubensfreiheit, d. h. ungehinderte Ausübung ihrer Religion, wurde erneut bekräftigt.
- Die Mennoniten brauchten vor keinem Gericht einen Eid abzulegen, ein "mündlich ausgesprochenes Ja oder Nein an Eidesstatt" sollte diesen ersetzen.
- Sie erhielten das Recht, Bier, Branntwein und Essig herzustellen.
- Fremden war es nicht erlaubt, auf dem Land der Mennoniten ohne deren Einverständnis eine Schenke zu eröffnen oder Bier zu brauen.
- Die bereits in Russland lebenden Mennoniten, noch hinzukommende sowie ihre Kinder und Nachfahren durften nicht gegen ihren Willen zum Kriegs- und Zivildienst gezwungen werden.
- Die Mennoniten waren von militärischer Einquartierung, Vorspann- und Kronsarbeiten befreit. Sie hatten aber die Pflicht, Brücken und Wege in Ordnung zu halten.
- Für die Dauer von 10 bzw. 15 Jahren wurden sie von Kronsabgaben befreit.
Zwischen 1790 und 1816 gründeten die Mennoniten vierzehn Kolonien im Gebiet von Chortiza am Dnjepr, die auch als "Altkolonien" bezeichnet wurden. Wegen der guten Erfahrungen mit mennonitischen Kolonisten stellte die russische Regierung für eine weitere Ansiedlung 123.000 Desjatinen (= 135.000 Hektar) Land an der Molotschna (Krim) zur Verfügung.