8 Kulturarchiv
8.2.1 Quellen
8.2.1.12 Ausbruch der Pest
8.2.1.12.1 Maßnahmen gegen die Pest
Da die im Oktober 1812 angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Pest anscheinend nicht konsequent durchgesetzt wurden und so auch nicht den gewünschten Erfolg hatten, wurden unter Androhung körperlicher Strafen verschärfte Schutzmaßnahmen befohlen. Diese teilte der Oberschulze des Kutschurganer Gebietes den Schulzen in einem Rundschreiben am 3. Dezember 1812 mit.
"Leider verbreitet sich immer mehr und mehr die Pest und deshalb ist alle mögliche Vorsicht zu gebrauchen, was die Leute zu ihrem Wohl tun müssen. Sie haben die Befehle vom Amte genau zu vollführen und sollte es Ungehorsame geben, so müßten diese gleich vom Amt körperlich bestraft werden. Das alles ist den Leuten bekanntzumachen, wie auch mein untenstehender Befehl:
Darf niemand ins Dorf hineingelassen werden.
Müssen an verschiedenen Stellen im Dorf Löcher gegraben werden, auch wo die Wächter sind, und in selbigen Kuhmist, Knochen und altes Leder verbrannt werden, damit immer Rauch und ein starker Geruch ist.
Sind die Häuser mit Wermut, Essig, Schwefel oder Pulver auszuräuchern.
An den Gassenenden, wo man ein- und ausfahren kann, müssen Wächter stehen mit Gewehren, sie sollen nur mit Pulver ohne Blei laden, denn sie sollen nur zum Abschrecken dienen, falls jemand doch mit Gewalt durchdringen wollte, damit den Leuten im Dorf ein Signal, zu Hilfe zu eilen, gegeben wird. Dabei darf kein Fremder berührt werden, da diese Krankheit sogar in den Kleidern steckt.
Kaufen oder verkaufen an Fremde darf keiner, denn selbst das Geld ist jetzt gefährlich zu nehmen.
Sollte jemand plötzlich erkranken, so kann man nach dem Arzt Schatz nach Mannheim fahren, ihn holen und genau befolgen, was er vorschreibt. In das Haus des Kranken darf aber niemand hinein oder heraus ohne Erlaubnis des Arztes.
Es darf auch keiner von denen jenseits des Wassers hereingelassen werden ins Dorf.
Sollte jetzt Schaden entstehen, so ist einfach das Vieh wegzutreiben. Das Vieh eintreiben oder Schadengeld nehmen ist verboten.
Zum Räuchern hat die ganze Gemeinde die nötigen Sachen beizuschaffen.
Nun schließe ich und hoffe, daß auch alles befolgt werden wird, denn es dient jedem zu seinem eigenen Wohl und wer nicht folgen wird, den straft das Amt körperlich."
Das die vom Oberschulzen geforderten vorbeugenden Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg führten zeigt ein weiteres Rundschreiben vom 27. Oktober 1813, in dem der Ausbruch der Seuche beklagt und Abwehrmaßnahmen angeordnet wurden.
Aus: Johannes Brendel, Aus deutschen Kolonien im Kutschurganer Gebiet. Geschichtliches und Volkskundliches (Schriften des Deutschen Ausland-Instituts Stuttgart, Kulturhistorische Reihe, Band 26), Stuttgart 1930, S. 22-23.