8 Kulturarchiv
8.2.1 Quellen
8.2.1.32 Auf dem Weg zur Wolgarepublik
8.2.1.32.1 LEITSÄTZE FÜR DIE ORGANISIERUNG EINER FÖDERATION DER ARBEITER- UND BAUERNRÄTE DER DEUTSCHEN KOLONIEN
Die deutschen Kolonien im Wolgagebiet verwalten, entsprechend den Beschlüssen des zweiten Allrussischen Kongresses der Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten (Oktober 1917), alle ihre örtlichen Angelegenheiten auf der Grundlage der allgemeinen Vorschriften für die Zuständigkeit der Arbeiter- und Bauernräte selbständig, in deutscher Sprache.
Die Arbeiter- und Bauernräte, als örtliche Organe, sind vollständig zuständig in Fragen örtlichen Charakters, handeln aber immer entsprechend den Beschlüssen der Zentralregierung.
Den Räten als Regierungsorganen werden übertragen die Aufgaben der Verwaltung und Bedienung der Seiten des örtlichen Lebens für Verwaltungs–, Wirtschafts–, Kultur– und Bildungsaufgaben.
Zur Aufgabe der Räte gehört es, alle Beschlüsse und Dekrete der Zentralgewalt wirklich durchzuführen und die Bevölkerung im weitesten Maße über diese Beschlüsse zu unterrichten; sie erlassen bindende Verordnungen, führen Requisitionen und Kontributionen durch und legen Strafen auf.
Zu den örtlichen Räten haben Wahlrecht die Arbeiter und armen Bauern. Ausgeschlossen sind solche Bauern, die von fremder Arbeit leben, überhaupt alle bourgeoisen Elemente.
Die Räte der Kolonien bilden eine Föderation der Arbeiter- und Bauernräte der deutschen Kolonien im Wolgagebiet, zur Verteidigung der Herrschaft der Räte in den Kolonien, zur Durchführung der Dekrete der Arbeiter- und Bauernregierung, zur kulturellen und administrativen Selbstverwaltung der von Deutschen bewohnten Kolonien.
Das oberste Organ der Föderation ist der Kongreß der Arbeiter- und Bauernräte, der vierteljährlich zusammentritt.
Der Kongreß wählt als führendes Organ einen Vollzugsausschuß aus 30 Mitgliedern, der monatlich zusammentritt.
Zur Leitung der ständigen Verwaltungsarbeit wählt der Kongreß einen Rat der Volkskommissare. Dieser Rat ist für seine Tätigkeit sowohl der Zentralregierung als auch dem Rätekongreß und dem Hauptvollzugsausschuß (Zentralexekutivkomitee der Sowjets – d. Vf.) verantwortlich.
Die Föderation ist selbständig in allen Fragen der Schul– und Kulturaufgaben sowie in der örtlichen Selbstverwaltung.
Der Rat der Volkskommissare entsendet einen Vertreter nach Moskau, der als Kommissar für deutsche Angelegenheiten im Volkskommissariat für nationale Angelegenheiten die Verbindung mit der Zentrale aufrecht erhält.
7. Mai 1918
Zit. nach: M. Langhans-Ratzeburg: Die Wolgadeutschen, Ihr Staats– und Verwaltungsrecht in Vergangenheit und Gegenwart. Zugleich ein Beitrag zum bolschewistischen Nationalrecht, Berlin–Königsberg 1929, S. 168