Geschichte der Russlanddeutschen

8 Kulturarchiv

8.2.1 Quellen

8.2.1.4 Auswanderungsverbot

EDICT

- des Chur-Rheinischen Crayßes vom 21. April 1766 und - der Chur-Pfältzischen Regierung vom 27. Mai 1766

Immasen der Chur-Rheinische Crayß gegen die häufig vorgehende Emigrationen aus dem Teutschen in das Rußische Reich unterm 21ten vorigen Monaths nachstehendes Edict auserlassen hat:

"Nachdemmahlen sich so viele Personen unter dem Rahmen ausländischer Emissariorum allenthalben in den Chur-Rheinischen Crayß-Landen einfinden, welche die Unterthanen in häufiger Menge anwerben, und unter dem Blend-Werck, daß selbige in anderen Reichen ihr Glücke finden würden, mit Weib und Kinder verführen, und zwar zu einer Zeit, wo der erst vor kurtzen Jahren geendigte Krieg bekanntlich ohnzähliche Menschen hinweg genohmen; und es nebst denen entgegen derley ohnerlaubte Anwerbungen ergangenen Landsherrliche Particular-Verfügungen, einer allgemeinen Crayß-Verordnung der Noth thuet,

»1mò. Niemanden, wer der auch seyn möge, der Abzug ausser den Heil. Röm. Reichs-Gräntzen verstattet seyn soll;

»2dò. Gegen jene, so sich, wie vielfältig geschehen, heimlich fort zu machen, erfrechen, genaue Obacht zu nehmen, sie auf Betretten gefänglich anzuhalten, ihres Frevels halber nach Befund, mit Zucht-Hauß-Schantzen-Straf auch allenfalßiger Einziehung der ihriger Güther zu belegen;

»3tiò. Keinem die Veräusser- und Verkaufung seiner Güther, Hauß und sonstiger Haabschaft in sträflicher Absicht des verbottenen Abzugs, unter Verlust, und Einziehung des Kaufschillings, auch Aufhebung des Kauf- und Verkaufs selbsten zu verstatten;

»4tò. Auf die im Land herumziehende Unterhändler, Verführer, und Emissarien allenthalben die genaueste Kundschaft auszustellen, selbige bey mindestem Verdacht am Kopf zu nehmen, sohin der Schwere der Umständen, und ihren Verbrechen nach mit Leibs- auch allenfallßiger Lebens-Straf anzusehen; masen dann

»5tò. hiermit allen Beambten, Schultheisen, und Vorsteheren bey ihren tragenden theueren Ayds-Pflichten anbefohlen wird, nicht nur sich um die Emigranten und ihre Verführer gantz genauest zu erkundigen, sie also bald Handfest zu machen, oder aber wenigstens von ihrem Aufenthalt zu weiterer Verfügung den ohnverzüglichen Bericht zu erstatten, sondern auch keine frembde, und ohne glaubwürdige Pässe herumschwärmende Leuthe, entgegen das deshalb vorhin ergangene Crayß-Verbott, irgendswo zu dulten. Zu wessen Beurkundung, dieses offene Edict Nahmens aller Churfürsten, Fürsten, und Ständen, eines löblichen Chur-Rheinischen Crayßes gefertiget, und mit denen gewöhnlichen Insieglen bestättiget worden. u.

Und dann Se. Churfürstliche Durchleucht hierauf gnädigst verordnet haben, daß dieses Crayß-Edict zu jedermanns Wissenschaft und schuldigen Nachgelebung verkündet, so dann auf dessen wie auch deren ohne das obhandenen Landes-Generalien genaue Befolgung gebührende Obacht getragen werden solle; Als hat das Ober-Amt hiernach das weitere behörend zu verfügen, und zu beobachten. Mannheim den 27ten May 1766.

Chur-Pfältzische Regierung.

C. P. Freyherr von Venningen.

Aus: Karl Stumpp, Die Auswanderung aus Deutschland nach Rußland in den Jahren 1763 bis 1882, Selbstverlag Deutschland Dr. Karl Stumpp, Tübingen o.J.,

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