Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil I 1763 - 1820

1 Gründe für die Auswanderung

1.1 wirtschaftliche Auswanderungsgründe

1.1.4 Binnenkolonisation

1.1.4.1 Nebenerwerb

Da die Erträge aus Ackerbau und Viehzucht als Existenzgrundlage nicht mehr ausreichten, gewannen andere Erwerbsquellen wie die Bienenzucht mit Wachs und Honig, die Herstellung und der Verkauf von Wollprodukten innerhalb der ländlichen Wirtschaft immer mehr an Bedeutung.

In welchem Ausmaß die Wollverarbeitung den Arbeitsalltag der Geestbewohner im Emsland während des 18. Jahrhunderts bestimmte, verdeutlicht ein Auszug aus einem um 1780 verfassten Brief:

  "Alles strickt hier, was nur Hände hat, Bauer und Bauerin, Kinder, Knecht und Magd vom fünften Jahr des Alters bis ins Grab. So wie die arbeiten, die den Acker betreffen, freie Muße geben, sitzt alles beim Feuer, oder im Schatten zum Stricken. Der Knecht strickt hinter dem Mistwagen, unterwegs, wenn er zum Acker, zur Wiese oder sonst übers Land geht: so die Magd, so alle Hausgenossen; der Schäfer den ganzen Tag hinter den Schafen; und man findet selten hier den Landmann auch über Weges ohne Strickzeug [...]".

Gestrickt wurden hauptsächlich Strümpfe, die von Händlern aufgekauft und dann nach Holland und Ostfriesland weiterverkauft wurden.

Als zweite wesentliche Erwerbsquelle für die Heuerlinge im Emsland entwickelte sich die so genannte Hollandgängerei. Die männlichen Siedler verdingten sich für ein bis drei Monate als Grasmäher oder Torfstecher im benachbarten Holland. Während dieser Zeit bewirtschafteten die Frauen mit den Kindern die Höfe. Oft konnte nur mit dem so erarbeiteten Verdienst die Landpacht bezahlt werden.
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