Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil II 1820 - 1917

2 Veränderte Rahmenbedingungen für die Russlanddeutschen

2.1 Russland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts: Aufhebung der Leibeigenschaft und weitere Reformen

2.1.2 Militärdienstpflichtgesetz von 1874

2.1.2.1 Auswanderung

2.1.2.1.3 Andere Auswanderungsgründe

2.1.2.1.3.1 Befürchtungen

In einem Artikel der "Odessaer Zeitung" vom 13. August 1878 (Nr. 180) schildert ein Kolonist, was ihm 1874 ein Mennonit zu seinen Auswanderungsgründen gesagt hatte.

Dieser habe "die Einführung der neuen Verwaltungs- und Gerichtsordnung in den Kolonien" als entscheidende Ursache angeführt. Die bisherige Exklusivität der deutschen Kolonistendörfer sei dadurch gefährdet, denn in einem Gebiet würden sich neben zwei deutschen Kolonistendörfern zehn russische Dörfer befinden, und durch deren Stimmenmehrheit würde dafür gesorgt, dass bald Staroste (Vorgesetzte) ins Amt gewählt werden würden, die weder rechnen noch schreiben könnten, "die wir in unseren Wirthschaften nicht einmal als Arbeiter haben möchten, die öfters Verordnungen erlassen, von denen wir den unvermeidlichen, großen Schaden für unsere Wirthschaften und Gemeinden klar einsehen".

Die den Vorgesetzten zur Seite stehenden Schreiber seien sehr oft dem Trunke ergeben und "wir sollen unter der Botmäßigkeit solcher Leute stehen! Das ist zuviel verlangt, das können wir nicht ertragen, dem können wir uns nicht fügen". Würden sich die Mennoniten über Russen bei den Vorgesetzten beklagen, dann würden sie einen Prozess mit Sicherheit verlieren. "Dieses ist die entscheidende Ursache unserer Auswanderung".
 
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