Auswanderung der Deutschen
Teil II 1820 - 1917
3 "Deutsche Frage" und Lösungswege
3.4 Fremdengesetz
3.4.5 Kolonistenvorlage
Am 14. Dezember 1912 legte Innenminister A. A. Makarow einen neuen Gesetzesentwurf zum ausländischen Grundbesitz in der Duma vor.
Dessen wichtigste Bestimmungen waren:
- "Personen ausländischer Abstammung, die die russische Untertanenschaft nachdem 15. Juni 1888 angenommen haben, ..., ebenso alle direkten Nachkommen genannter Personen in männlicher Linie, die sich die russische Nationalität nicht angeeignet haben, ist es künftig verboten, Eigentumsrecht auf unbeweglichem Besitz außerhalb der städtischen Ansiedlungen in den Gouvernements Kiew, Podolien und Wolhynien, sowie Besitz- und Nutzungsrechte auf solche Güter, die sich aus Miet- und Pachtverträgen ergeben, zu erwerben."
- "Personen, ausländischer Abstammung mit russischer Untertanenschaft, die sich die russische Nationalität nicht angeeignet haben, ist es künftig verboten, derartige Rechte (Art.1) außerhalb der städtischen Ansiedlung im Gouvernement Bessarabien zu erwerben."
- "Beim Erwerb von unbeweglichem Besitz durch eine Person ausländischer (Art. 1 und 2) und polnischer Abstammung außerhalb der städtischen Ansiedlungen in den genannten Gouvernements, ebenso auch beim Mieten oder Pachten solcher Güter, müssen zur Bestätigung dessen, daß der Käufer oder Pächter sich die russische Nationalität angeeignet hat, darüber Zeugnisse vom Generalgouverneur oder Gouverneur ausgestellt werden."
- "Die Wirkung dieses Gesetzes erstreckt sich nicht auf ausländische Personen mit russischer Untertanenschaft, die dem russischen oder tschechischem Volkstum angehören, auf Personen die dem orthodoxen Glauben angehören, auf Personen, denen Grund und Boden auf dem Weg der direkten, absteigenden Vererbung zufallen. In allen anderen Fällen ist das Erbe innerhalb von drei Jahren zu verkaufen."
Die Gesetzesvorlage wurde auf Druck der Partei der Oktobristen – hier spielten deutsche Dumaabgeordnete um Karl Lindemann eine wesentliche Rolle – nicht weiter verfolgt.
In den Jahren 1913/14 lebte die Diskussion über die "Kolonistenvorlage" in der Öffentlichkeit erneut auf, wobei der Ausgang der Diskussion um die "deutsche Frage" am Vorabend des Ersten Weltkrieges noch völlig offen war. Erst der Ausbruch des Krieges schuf eine neue Situation, in der die russische Regierung zu schnellen und radikalen Lösungsversuchen der "deutschen Frage" griff.