Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil III 1917 - 1955

2 Russlanddeutsche in der Sowjetunion der 20er Jahre

2.3 Auf dem Weg zur Sowjetautonomie an der Wolga

2.3.5 Bildung des Territoriums des autonomen Gebietes

Die Herauslösung der zum Gebiet der Wolgadeutschen gehörenden Kolonien aus der sowjetrussischen Gouvernementsverwaltung und alle wesentlichen damit zusammenhängenden Fragen erledigte bis März 1919 eine so genannte Liquidationskommission. Das Gebiet erhielt den Status eines Gouvernements.

Ein Beschluss des Volkskommissariats für Innere Angelegenheiten vom 16. April 1919 (veröffentlicht am 29. April 1919) bekräftigte die entsprechenden territorialen Zuordnungen an das Gebiet der Wolgadeutschen. Er verpflichtete alle Sowjetinstitutionen, die Bildung des Gebietes sowohl bei der Kreditvergabe als auch bei jedweder Kommunikation zu beachten. Die Verlegung des Sitzes des Exekutivkomitees von Saratow nach Marxstadt (vorher Katharinenstadt) im April 1919 war ein weiterer wichtiger Schritt zur Selbstbestimmung. Versuche der Einflussnahme russischer Sowjetorgane in deutschen Kolonien wurden erschwert. Am 17. Februar 1921 bestätigte das Gesamtrussische Zentralexekutivkomitee die Verwaltungsstruktur des Gebietes der Wolgakommune, wie sie sich bis dahin herausgebildet hatte.

Die Arbeitskommune war nach nationalem Prinzip gebildet worden. Zwischen den deutschen Kolonien lagen jedoch – historisch gewachsen – russische und ukrainische Dörfer. Daraus ergaben sich für beide Seiten Hemmnisse und Probleme, insbesondere bei wirtschaftlichen Fragen. Das Exekutivkomitee strebte daher die Eingliederung dieser Dörfer des Gouvernements Saratow in sein Gebiet an. Am 22. Juni 1922 bestätigte die Moskauer Zentralregierung per Dekret den gewünschten territorialen Zuwachs. Danach wurde das Territorium der Arbeitskommune in vierzehn Kantone (Rayons) neu eingeteilt. Zwei Drittel der Bevölkerung stellten nunmehr Wolgadeutsche, rund ein Drittel Russen und etwa ein Prozent Ukrainer. Diese Relation blieb im Wesentlichen bis zur administrativen Auflösung der Wolgarepublik 1941 erhalten.

Gleichzeitig mit den territorialen Veränderungen wurde die zentraler gelegene Stadt Pokrowsk (1931 in Engels umbenannt) Gebietshauptstadt (25. Juli 1922).
 
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