Auswanderung der Deutschen
Teil III 1917 - 1955
2 Die Russlanddeutschen unter der Sowjetmacht
2.6 Wirtschaftliche Entwicklung und Leistungskraft der ASSR der Wolgadeutschen
2.6.4 Mechanisierung der Landwirtschaft
Die Wiederherstellung und den Ausbau der landwirtschaftlichen Produktion bewältigten die Wolgabauern mit herkömmlichen Bearbeitungsmethoden und den wenigen erhalten gebliebenen oder reparierten Gerätschaften. Mit vom Ausland gespendeten bzw. dort gekauften Maschinen und Traktoren konnte nur ein Bruchteil der Ackerfläche bearbeitet werden.
Der Bedarf an Landtechnik war enorm. Daher stellte das Jahr 1924 eine wichtige Zäsur für die Landwirtschaft der Wolgarepublik dar, als in der Marxstädter Maschinenfabrik "Wiedergeburt" der erste eigene Traktor gefertigt wurde. Dieser wurde wegen seiner geringen Abmessungen auf den russischen Namen "Karlik" (d. h. Zwerg) getauft. Damit war der Anfang der "Traktorisierung" – so eine zeitgenössische wolgadeutsche Wortschöpfung – gemacht. Vier Jahre später waren bereits 650 Traktoren im Einsatz. Das war wenig im Vergleich zum Bedarf, aber sehr viel im Vergleich zu den meisten russischen Anbaugebieten.
Die Fabrik "Wiedergeburt" stellte auch in größeren Mengen Worfel- und Saatmaschinen sowie Motorpflüge und Putzmaschinen her. Weiterhin wurde in der Kleinindustrie und in Handwerksbetrieben landwirtschaftliches Gerät hergestellt.
Staatliche und genossenschaftliche Einrichtungen vertrieben die moderne Landwirtschaftstechnik. Während sie bei stabilen Preisen 1925/26 Maschinen im Wert von 120 000 Rubeln umsetzten, belief sich diese Summe 1926/27 schon auf das Vierfache.