Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil III 1917 - 1955

2 Russlanddeutsche in der Sowjetunion der 20er Jahre

2.8 Bildung und Kultur der ASSR der Wolgadeutschen. Die zwanziger Jahre

2.8.7 Literatur und Presse

pressetermin
Zeitgenössische Übersichten über die wolgadeutsche Literatur verzeichnen für das erste Jahrzehnt Sowjetzeit keine bedeutsamen literarischen Neuigkeiten. Zumeist wird über Neuauflagen älterer Literatur zu Geschichte und Volksleben berichtet und dann schnell auf die Entwicklung der Presse geschwenkt. Ähnlich wie die Versorgung mit Schulbuchliteratur gehörte die Presse zu den regierungsamtlich vorrangig geförderten Bereichen. Es ging auch der autonomen Sowjetregierung angesichts der begrenzten materiellen Möglichkeiten um ein Maximum an Information vor allem über die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse und Entscheidungen sowie deren ideologische Begründung.

In Pokrowsk erschienen seit Mitte der zwanziger Jahre die "Nachrichten" (gegr. 1918) als Tageszeitung. Die "Rote Jugend" war eine Wochenzeitung; "Unsere Wirtschaft" erschien 14-täglich. Weitere Wochen- bzw. Monatszeitungen und Zeitschriften in deutscher Sprache wurden aus Moskau bezogen: "Unsere Bauernzeitung", "Zur Neuen Schule", "Der Neue Weg" (als Hilfsmittel für das Erlernen der deutschen Sprache gedacht) und – die Monatsschrift des Mennonitenverbandes "Unser Blatt".
Aus Moskau kommende Zuschüsse für die deutschsprachige Presse waren an Weisungen der Presseabteilung der KPdSU (B) gebunden, die in dieser Zeit vor allem "gewisse Preisnormen" betrafen, "um die allgemeine Zugänglichkeit zu sichern". Städtische Arbeiter zahlten durchschnittlich für ein Monatsabonnement 60 bis 80 Kopeken, Bauern 20 bis 40.

Wolgadeutsche Schriftsteller und Dichter wie Peter Sinner hielten es nicht für ehrenrührig, ihre literarischen Werke in Zeitungen ("Nachrichten") zu veröffentlichen. Sinner publizierte seine Skizzen und Gedichte über die Wolgasteppe und Wolgabauern übrigens in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre auch in den von Emigranten in Berlin herausgegebenen "Wolgadeutschen Monatsheften".

Die vorsichtig optimistische Stimmung in der wolgadeutschen Bevölkerung zum Ende der zwanziger Jahre verdeutlicht ein Gedicht, das der Weimarer Oberregierungsrat H. Jacobi 1927 in einer Grundschule an der Wolga entdeckte.

Sein Text lautet:

  "An dem großen Wolgastrom
Blüht trotz Krieg und Mißgeschick
Unsre kleine autonome
Deutsche Wolgarepublik."
 
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