Die Rahmenbedingungen für die kulturelle Entwicklung der Wolgadeutschen waren in der ASSR günstig wie nie zuvor in der Geschichte der Kolonien. Der Aufbau der neuen Gesellschaft sollte nicht nur bessere materielle Lebensbedingungen für die Werktätigen bringen, sondern ihnen auch den Zugang zu Bildung und Kultur umfassend erschließen.
Zu den Rahmenbedingungen gehörten jedoch auch die materielle Armut am Beginn des Aufbaus und die Macht der Tradition, zu der ein bestimmter Konservatismus wolgadeutscher Bauern zählte.
Seit der Erholung der wolgadeutschen Wirtschaft Mitte der zwanziger Jahre konnten mehr Mittel für den Bildungs- und Kultursektor eingesetzt werden, insbesondere für die Entwicklung von
Deutsch als Amts- und Schulsprache , das
Schulwesen , den
Verlag , die
Bibliotheken und
Museen sowie für
Wissenschaft ,
Literatur und Presse . Etwa ein Drittel des Staatshaushaltes wurde dafür zur Verfügung gestellt.
Betrachtet man die Geschichte der Wolgadeutschen im ersten Jahrzehnt der Sowjetzeit, so halten viele Ergebnisse und Erfolge des kulturellen Aufbaus dem historisch-kritischen Blick stand. Gleichzeitig geriet manches – durch die Ausrichtung auf die Diktatur des Proletariats und die Sozialismuskonzeption der KPdSU (B) – zu ideologischer Indoktrination.