Auswanderung der Deutschen
Teil IV 1955 bis Heute
1 Russlanddeutsche in der UdSSR nach 1956
1.1 Situation 1956
1.1.4 Hausbau
1.1.4.1 Wohnstil
Es gab bei den Russlanddeutschen entsprechend der jeweiligen Siedlungsräume unterschiedliche Hausformen.
Diese wiesen Einflüsse der jeweiligen benachbarten Nationalitäten auf. Aus der russischen bäuerlichen, sehr praktischen Bauweise übernehmen die Russlanddeutschen zum Beispiel den "Ambar", eine Scheunenart, das "Kryzlo", ein Vorbau des Hauses, der von den Russlanddeutschen als "Krilitz" bezeichnet wurde. Hier konnte man vor dem Betreten der Wohnräume die Straßenschuhe ausziehen. Zu nennen ist auch die Sommerküche, die fälschlicherweise oft "Semljanka" (Erdhütte) genannt wird.
Zu einer typischen Wohnungseinrichtung gehörten unter anderem eine große Truhe mit der Mitgift für die Tochter/Töchter, ein "Himmelbett" mit großen Kissen, ein Kleiderschrank, ein großer Wandspiegel, zuweilen Teppiche, die in Anlehnung an die Traditionen anderer Nationalitäten als Wandteppiche genutzt wurden.
Zumeist waren die Häuser der Russlanddeutschen von außen weiß getüncht. Dem Wohnhaus schlossen sich ein gepflegter Hof und Gärten an.
Unter den klimatischen Bedingungen Kasachstans und Mittelasiens verloren manche traditionelle Einrichtungsgegenstände wie Paradekissen, Boden- und Wandteppiche ihre Existenzberechtigung. Anderes dagegen wurde beibehalten wie Wandbehänge mit Landschafts- und Tiermotiven, eingerahmte deutsche Sinnsprüche, christliche Dinge oder Fotografien von verstorbenen Verwandten und Bekannten, Spitzendeckchen und farbenfrohe Bilder.
Die Wohnung bedeutete für die Russlanddeutschen – vor allem in der ersten Zeit nach der Kommandantur – Rückzugsmöglichkeit in die familiäre Sphäre, sie gab ihnen "Heimatgefühl". Hier konnten sie ungehindert deutsch sprechen und ihren Traditionen und Bräuchen nachgehen.