Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil IV 1955 bis Heute

1 Russlanddeutsche in der UdSSR nach 1956

1.2 Migrationbewegung

1.2.1 Zeitzeugen

Katharina Torno erzählt:

  "1953 – es herrschte noch die Zeit der Kommandantur für uns – wurde unserem Antrag auf Übersiedlung ins Altai-Gebiet stattgegeben. Mein Mann wollte zu seiner Mutter und seinen Schwestern, die nach dem Krieg dorthin zwangsumgesiedelt worden waren. Und auch ich wollte wieder in der Nähe meiner Eltern sein, um sie mal besuchen zu können..."

Viktor Heidelbach berichtet aus dieser Zeit:

  "Manchmal werde ich gefragt, warum wir nach Aufhebung der Kommandanturzeit 1955/56 in Karaganda, dem Ort des Arbeitslagers, geblieben und nicht irgendwo anders hingezogen sind. Wohin sollten wir gehen? Eine gute Arbeit und eine ordentliche Wohnung zu finden war in der Sowjetunion immer ein großes Problem. Gewiss, die Arbeit im Kohlebergwerk war auch nach dem Krieg mit modernerer Technik schwer und gefährlich. Doch als Bergleute gehörten meine Frau und ich zu den angesehensten Arbeitern im Lande. Der Verdienst lag weit über dem Durchschnitt. In Karaganda hatte sich im Laufe der Jahre ein vielfältiges kulturelles Leben entwickelt. Es gab keine Spannungen zwischen Russen, Deutschen und anderen Nationalitäten. Wir lebten dort nicht schlecht. Ich qualifizierte mich in der Grubenakademie zum Elektroschlosser."

Emilia Butsch erzählt in ihrer traditionellen Redeweise:

  "Bis 1957 hamm wir da in Pawlodar gelebt. Bis wir Pässe bekamen, war's schon Ende '56. Und dann waren etliche Bekannte, die sind nach Usbekistan, nach Mittelasien gereist und wollten sich mal die Gegend anschauen. Weil Pawlodar in Kasachstan [liegt], das ist ja eine Wüste. Weil die Deutschen waren ja gewöhnt warmes Land, sind sie gereist nach Taschkent und haben geschaut, ob man dort wohnen kann und ob man aufgenommen wird dort von diesen Völkern, von den Usbeken. Sind ja Muslemer. Und sie sind zurückgekommen und haben gesagt: 'Dort ist sehr schöne Natur, ist wie eine Oasis dort!' Sind auch Steppen und Wüsten, aber wo wir waren, da war wie eine Oasis. Gutes Wasser, Trinkwasser, sind auch Flüsse, bergisches Land, sehr hohe Berge, und schön zu wohnen. Und sind etliche, haben sich aufgepackt und sind fort, dorthin nach Usbekistan, nach Taschkent. Und wir sind dann auch hintennach."

(Kulturarchiv der Russlanddeutschen)

 
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