JOHANN CORNIES
geboren 20. Juni 1789 in Boerwalde (bei Danzig)
gesstorben 13. März 1848 in Orloff (Schwarzmeergebiet)
Er gilt als die bedeutendste Gestalt des russländischen Mennonitentums, er gab entscheidende Impulse zur Verbesserung der Landwirtschaft und der Viehzucht. Er gründete – wie vom Zaren gewünscht – Musterwirtschaften und gab die seiner Zeit neuesten landwirtschaftlichen Methoden aus Deutschland an die Kolonisten weiter. Bereits 1830 gründete er einen "Landwirtschaftlichen Verein", der wesentlich zur Förderung von Ackerbau, Viehzucht, Garten- und Gemüsebau, Forstwesen und Anlage von Weinbergen in den Mennonitenkolonien Südrusslands beitrug.
Außerdem leitete er Maßnahmen zum Aufbau einer mennonitischen Lehrerausbildung ein, unter seinen Aktivitäten entstand bei den russlanddeutschen Mennoniten eine einheitliche Schulverwaltung, eingeführt wurde der Abschluss des Lehrerexamens, das zur qualitativen Verbesserung des in hochdeutscher Sprache geführten Unterrichts führte und die allgemeine Schulpflicht (6 Jahre) wurde eingeführt.
Zum Vergleich: In Russland wurde erst nach der Oktoberrevolution 1917 die allgemeine vierjährige Schulpflicht proklamiert. Seine Reformen umfassten die Qualifizierung von pädagogischen Lehrerkonferenzen, einen einheitlichen und verbindlichen Lehr- und Stundenplan bis zu Bauplänen für Schulen.
Seinem Wirken ist u.a. der Vorsprung der Mennoniten gegenüber den evangelischen und katholischen Kolonisten zu verdanken.
In Würdigung seines Wirkens wurde er von der russischen Regierung unter Kaiser Nikolaus I. zum korrespondierenden Mitglied des Gelehrtenkomitees des Reichsministeriums in St. Petersburg ernannt.
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GEORG DINGES
Er beschäftigte sich mit der Sprachbeschreibung der wolgadeutschen Dialekte.
Sein historischer Verdienst besteht in der Sammlung, Klassifizierung und Kartierung der wolgadeutschen Dialekte.
Er war der erste Leiter der "Zentralstelle für Erforschung der wolgadeutschen Mundarten" in Engels, hervorgegangen aus der Sektion für Mundartforschung der ethnographischen Abteilung des Zentralmuseums der Wolgarepublik bis 1931.
Er wurde 1891 im Dorf Blumenfeld an der Wolga geboren.
Er war zunächst Lektor für deutsche Sprache an der Tschernyschewski-Universität Saratow, ab 1921 Dozent für germanische Philologie und von 1923 Professor am Lehrstuhl für westeuropäische Sprachen und Literatur. Er untersuchte die neue Mischung der Dialekte in den Sprachinseln der Russlanddeutschen, die in ihrer abgeschlossenen Siedlung auf engem Raum zusammenlebten.
1930 wurde er Prorektor der Engelser Pädagogischen Hochschule.
Wegen seiner Beschäftigung mit der deutschen Sprache und Volkskunde in der Sowjetunion wurde er als Reaktionär unter dem Vorwurf von "nationalistischer Propaganda und konterrevolutionärer Aktivitäten" 1930 verhaftet.
Seine Kontakte nach Deutschland und sein angeblicher "Nationalismus" wurden ihm vorgeworfen.
1932 wurde er zu 3 Jahren Verbannung in Sibirien verurteilt. Er arbeitete dort als Sanitäter in einem Krankenhaus, wo er sich mit Typhus ansteckte und 1932 41jährig verstarb.
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IGNATZ AURELIUS FEßLER
geboren 1756 in Zurnsdorf (Östereich)
gestorben 1839 in Petersburg
Feßler, ein sehr vielseitiger Mann, wirkte zunächst als Kapuzinerpater in Ungarn, wurde dann jedoch Pietist und Freimaurer. Er war auch als Professor für orientalische Sprachen tätig. Dieser Tätigkeit schlossen sich 20 Jahre vorwiegend schriftstellerisches Schaffen in Deutschland an.
1791 trat er zum lutherischen Glauben über. Nach einem längeren Aufenthalt in der Herrnhuter Brüdergemeinde in Sarepta übte er von 1819-1822 das Amt eines lutherischen Bischofs aus.
Während dieser Zeit hinterließ er im Bildungssektor deutliche Spuren.
Sein Ziel war es, das kulturelle Leben in den Kolonien aufzubauen, eine deutsche Intelligenz heranzubilden und vor allem Ordnung im Schulwesen zu schaffen.
Es muss gesagt werden, dass Feßler für die Aufrechterhaltung der Ordnung an Kolonistenschulen den ausdrücklichen Auftrag der russischen Regierung besaß.
Er versuchte bei den russischen Behörden eine Schulreform durchzusetzen, die auch die Bildung eines Lehrerseminars vorsah.
Der Versuch scheiterte. Allerdings war es seinem Einfluss zu verdanken, dass zur Konfirmation nur Konfirmanden zu gelassen wurden, die lesen konnten und im Katechismus Bescheid wussten. Er führte auch das so genannte Brautexamen ein.
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JACOB STACH
geboren 23. September 1865 in Grunau bei Mariupol (Nähe Asowsches Meer)
gestorben 23. November 1944 in Katzenelnbogen (Taunus)
Zu seinem Leben und Wirken nachfolgend ein Auszug aus seiner Biographie für den Zeitraum 1865 – 1920:
Ich bin im Jahre 1865, den 23. September, in der Kolonie Grunau, 50 Werst nördlich von der am Asowschen Meer gelegenen Kreisstadt Mariupol geboren. Mein Urgroßvater war aus Westpreußen als Kolonist im Jahre 1822 mit vielen Landsleuten eingewandert. Sie waren die Gründer des Mariupoler Kolonistenbezirkes, bestehend aus einigen 20 Dörfern, welche kurzweg "Plan" oder "Mariupoler Plan" genannt wurden. Ich wuchs in solidem, bäuerlichem Wohlstand auf, besuchte die örtlichen Schulen, empfing in der Schweiz meine theologische Bildung und kam nach kurzer Tätigkeit in Annenfeld, Transkaukasien, im Jahre 1891 ins praktische Amt als Pastor des Kirchspiels Hochheim in der Krim. Hochheim war eine Filiale des Kirchspiels Neusatz., wo Pastor Samuel Keller (Ernst Schrill) mein geistlicher Vater, nachdem er die Stelle in Grunau verlassen hatte, jahrelang tätig war. Zu einem Zusammenwirken mit Keller kam es nicht, weil er indes bereits nach Deutschland übersiedelt war.
Ich hatte damals in der Krimer Steppe 33 Predigtorte zu besuchen, ebenso viele Schulen zu beaufsichtigen und mit den Lehrern Konferenzen abzuhalten. Die Lehrer, die dort zugleich die Küster- und Schreiberdienste in Gemeinden versahen und großen Einfluß besaßen, waren meine nächsten und, ich kann wohl sagen, auch meine treuesten Mitarbeiter. Mein Verhältnis zu diesen Lehrern gestaltete sich im Laufe der Zeit immer inniger und dehnte sich allmählich aus auf alle Kolonistengemeinden im ganzen Schwarzmeergebiet. Im Jahre 1899 kam ich als selbständiger Pastor in die Kolonie Freudenthal bei Odessa. Hier war ich nun sozusagen im Zentrum des Deutschtums im Schwarzmeergebiet. Das deutsche Dornröschen in Rußland befand sich, wenn ich mich so ausdrücken darf, noch im tiefen Schlaf und wartete auf den Kuß ihres Liebhabers. Mir lag dieses Dornröschen nah am Herzen, aber ich hatte mir den Weg zu ihm zu bahnen durch manches Dorngestrüpp. Der Weg war nicht leicht. Es galt einen schweren Kampf zu kämpfen mit bäuerlicher Engherzigkeit und religiösen Vorurteilen. Man kannte nur Land und Weizen, das Geld als Tauschmittel, um den produzierten Weizen in Land umzusetzen. Bildung war Nebensache. Außer der Dorfschule für alle Knaben und Mädchen und der Zentralschule, wo eine Anzahl zu Jünglingen heranreifender Knaben als Lehrer ausgebildet wurden, glaubte man an Bildungsanstalten nichts mehr nötig zu haben. Doch ich sah die stunde kommen, wo besonders durch die von Jahr zu Jahr üppiger ins Kraut schießende Russifizierung der Deutschen die Nachfrage nach anderen, wirksameren Bildungsmitteln entstehen mußte. Ich hatte mich im Zeitpunkt nicht geirrt, und als ich im Jahre 1905 an alle Schwarzmeerkolonisten den Aufruf zur Gründung eines Bildungs- und Kulturvereins ergehen ließ, hatte ich sämtliche Lehrer der Kolonien und viele fortschrittliche Bauern von Bessarabien an bis in die entferntesten Gebiete des nördlichen und sogar des südlichen Kaukasus einmütig auf meiner Seite. Am 19. Oktober 1905, zwei Tage nach dem berühmten Manifest Nikolaus II. über die Gewährung der Konstitution, tagte die Gründerversammlung des deutschen Bildungsvereins in Odessa. Es waren aus allen Schwarzmeerkolonien an die hundert Vertreter anwesend. Aber auch andere Elemente waren an der Arbeit. Am gleichen Tage brach nämlich die Revolution aus, die zwar unterdrückt, aber in allen Städten, so auch in Odessa viele Opfer dahinraffte. Unter dem Dröhnen der Maschinengewehre und Flinten berieten hier die deutschen Kolonistenpioniere, wie sie ihre deutsche Kultur schützen und fördern konnten. Ich hatte einen fertigen Plan zur Gründung einer "Schulkolonie" ausgearbeitet. Er lief auf folgendes hinaus: Es sollte an einer landschaftlich schön gelegenen Stelle ein größeres Areal erworben und auf demselben alle erforderlichen Fort- und Fachbildungsschulen für die Kolonistenjugend sämtlicher Konfessionen allmählich errichtet werden. Die Begründung war die, daß die Kinder doch behufs Weiterbildung nach Beendigung der Dorfschule in die in mehr oder weniger entfernten Städten befindlichen russischen Lehranstalten gebracht werden und somit nicht zu Hause bleiben, daß das auf einem Platze konzentrierte Lehrpersonal, Schulmittel, Bibliotheken, technische Kabinette, Versuchsstationen usw. besser ausgenutzt und daß die Internate für die Schüler und Schülerinnen nach Konfessionen getrennt und diese unter der Aufsicht ihrer Geistlichkeit erzogen werden können. Meine Gedanken fanden allgemeine Zustimmung, aber es entspann sich eine lange Debatte über die Frage: Zentralisation oder Dezentralisation? Die Verfechter der Zentralisation das Schulwesens nahmen meine Vorschläge voll und ganz an während die Verfechter der Dezentralisation, die endlich den Sieg davontrugen, dafür waren, daß jede Kolonie oder Gruppe von Kolonie ihre eigenen Schulen nach Belieben gründen und fördern solle.
Der Erfolg diese ersten Vereinsgründung größeren Stils unter den Schwarzmeerkolonisten, war ein bleibender. Es entstanden nun, begünstigt durch die damalige auf ein konstitionelles Leben gerichtete kurze Zeitperiode Rußlands, in vielen Kolonien Schulen verschiedener Typen, angefangen von der Zentralschule bis zum Knaben- oder Mädchengymnasium, Real- oder Kommerzschulen. Für die Gründung aller Schulen waren nun die Bauern im Schwarzmeergebiet zu haben, wenn sie nicht "zu teuer" waren, nur von einer Ackerbauschule wollten sie nichts wissen. Sie sagten: "Die Bauerei verstehen wir selber, die haben unsere Väter und Großväter schon verstanden, die Söhne, die wir zu Hause behalten, werden wir schon selbst zu tüchtigen Landwirten heranbilden."
Da traf sichs, daß das zwischen der Krim und den reichen Kolonistenbezirken am Flüßchen Molotschna gelegene Kirchspiel Eugenfeld mit sieben wohlhabenden deutschen, in einem vergessenen Winkel gelegenen Gemeinden und die kleine lutherische Stadtgemeinde Melitopol, die dazu gehörte, einen Pastor suchte und zwar einen solchen, der sich verpflichtete, die " Gründung einer Schule" bei ihnen in die Hand zu nehmen. Dorthin meldete ich mich und wurde fast einstimmig gewählt. Als ich hinkam, Ende 1906, fragte man mich, was für eine Schule ich nun gründen werde. Ich sagte: " Ich gründe eine Schule für Bauern, d. h. eine Ackerbauschule." Dagegen sperrten sie alle. In einem öffentlichen Vortrag gelang es mir jedoch, die aufgeklärtesten unter ihnen für eine Ackerbauschule zu gewinnen, indem ich ihnen bewies, daß der Bauer in gegenwärtiger Zeit die vielseitigste Bildung braucht, wenn er bestehen und die Landwirtschaft rationell nach den Zeitforderungen betreiben will. Da war dann die zweite Frage, woher ich das Geld für eine so " teure" Schule nehmen will. Ich sagte, das Geld ist da, es muß nur " gehoben" werden. Ja, wo ist denn das Geld? In Euren Taschen, von da muß es gehoben werden. " Nein" , hieß es, " soviel Geld haben wir nicht." Nun, wenn Ihr’s nicht habt, dann haben’s andere. Einen Teil gebt ihr. Einigkeit macht stark. Da wurde der Eugenfelder Schulverein gegründet behufs Erbauung einer landwirtschaftlichen Schule. Drei der Eugenfelder Kirchenspielsgemeinden gaben das Land für die Schule unentgeltlich, und zwar Eugenfeld 30 Dess., Kaisertal 20 Dess. und Marienfeld 10 Dess.; im ganzen ungefähr 60 Hektar. Schon im Jahre 1907 wurden die Hauptgebäude der Schule fertig und im Herbst begann der Unterricht mit den zwei Unterklassen. Der Kursus war ein sechsjähriger. Auch zwei pädagogische Klassen für solche die, sich als Lehrer ausbilden wollten, wurden vorgesehen. Daneben entstand sehr bald auch eine Haushaltsschule mit vierjährigem Kursus auf einem eigens dazu erworbenen Bauernhof mit 1½ Hektar Land. Die Schule wurde nach den Plänen des Ackerbauministeriums allen Forderungen entsprechend angelegt und ausgebaut. Sie kostete mit allen Nebengebäuden, wie Lehrerwohnungen, Internate, Stallungen usw. etwa 500 000 Rubel. Alles Geld gaben die Mitglieder aus den Kolonien des ganzen Schwarzmeergebietes, deren Zahl auf 1000 an wuchs. Die erforderlichen landwirtschaftlichen Maschinen spendeten reiche Fabrikanten, Dampfmühlenbesitzer und Großgrundbesitzer. Im Jahre 1914 lastete nur noch eine Schuld von 70 000 Rubel auf der Schule, wofür sich die in Eugenfeld und Kaisertal befindlichen Mitglieder durch Wechsel verbürgt hatten. Diese landwirtschaftliche Schule in Eugenfeld war eine Bildungsanstalt für alle Kolonisten im grösseren Stil, auch ein starker moralischer Halt gegen die heftigausgreifende und politische Reaktion der Russifizierung. Durch sie war der Tatbeweis geliefert, daß Einigkeit stark macht. Jetzt galt nicht mehr die Redensart in den Kolonien: " Wir armen Bauern haben kein Geld" , sondern jetzt hieß es: " Wenn wir wollen, können wir. Einigkeit macht stark."
Als im Jahre 1914 der Weltkrieg ausbrach, wurde diese Schule den Kolonisten abgenommen und der Melitopoler Landschaft übergeben. Da war sie nicht mehr deutsch, und jetzt ist sie durch Banditen zerstört. Frühere Mitglieder des Eugenfelder Schulvereins schreiben in ihren Briefen: " Wenn Pastor Stach jetzt die Schule sehen würde, würde er keine Worte mehr finden. Sie ist ein Trümmerhaufen."
Im Jahre 1915 trat eine neue Aufgabe an mich heran. Das hing mit der Landenteignung bei den Deutschen zusammen. Die Kolonisten baten mich, ein Buch zu schreiben über die von ihnen geschaffenen Kulturwerte, um zu zeigen, daß sie sich um Rußland verdient gemacht hätten, und das drohende Gespenst, womöglich noch in zwölfter Stunde, abzuwenden. Ich schrieb das Buch, indem ich mir das statistische Material dazu aus den Kolonien selber holte. Ich bereiste per Auto den größten Teil aller Kolonien von Odessa bis Jekatrinodar. Das Buch ließ ich in Moskau im Frühling 1916 drucken. Dafür wurde ich bei der Zarenregierung von einem russischen Wolostschreiber als österreichischer Spion denunziert und mußte aus Moskau nach Sibirien flüchten. In Sibirien gründete ich, vom Moskauer evang.-luther. Konsistorium dazu ermächtigt, das Kirchspiel Slawgorod im Gouvernement Altai. Es bestand aus 15 000 aus den Wolgakolonien und dem Schwarzmeergebiet hierher übersiedelten Kolonisten. Auch hier gründeten wir im Verein mit Mennoniten und Katholiken eine Zentralschule, die rasch aufblühte, aber auch ebenso rasch von den Wellen der Revolution im Jahre 1920 weggespült wurde.
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FRANZ XAVER VON ZOTTMANN
geboren 27. Juni 1826 in Ornbau (Mittelfranken/Bayern)
gestorben 29. November (12. Dezember) 1901 in Ornbau
Nach langjährigen, umfangreichen Studien und einer Tätigkeit als Privatlehrer in Petersburg und Moskau erhielt Zottmann 1860 in Saratow die Priesterweihe. 1861 wurde er zum Inspektor und einzigen deutschen Professor am dortigen katholischen Priesterseminar berufen. Unter seinem Rektorat wurde das Seminar " germanisiert" und erreichte in wissenschaftlicher Beziehung seinen Höhepunkt. Die russische Krone honorierte sein Wirken u.a. durch die Verleihung des Adelsdiploms.