Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil II 1820 - 1917

2 Veränderte Rahmenbedingungen für die Russlanddeutschen

2.1 Russland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts: Aufhebung der Leibeigenschaft und weitere Reformen

2.1.2 Gesetz über die allgemeine Militärdienstpflicht von 1874

2.1.2.1 Auswanderung

2.1.2.1.2 Auswanderung nach Brasilien

Brasilien war an der Zuwanderung von Arbeitskräften interessiert, denn mit dem Verbot des Sklavenhandels entfiel eine wichtige Quelle ihrer Rekrutierung. Die brasilianische Regierung machte gegenüber einer Delegation von russlanddeutschen Auswanderungswilligen 1875 weitgehende Zugeständnisse. So erklärte sie sich bereit, Gemeindeland in ausreichendem Umfang zur Verfügung zu stellen, und räumte den Einwanderern das Recht ein, sich in konfessionell abgeschlossenen Siedlungen niederzulassen. Die Fahrtkosten vom brasilianischen Ankunftshafen in die Siedlungsgebiete sollten ebenso übernommen werden wie die Kosten für die Verpflegung während der Reise. Wenn nötig, sollten die Einwanderer noch weitere 12 bis 20 Monate durch den Staat verpflegt werden. Die Regierung verpflichtete sich außerdem dazu, den Hausbau zu finanzieren und Verbindungsstraßen zu bauen. Diese Verhandlungsergebnisse beschleunigten die Vorbereitungen für eine Auswanderung. Es wurden Auswanderungs-Transporte für die einen Monat dauernde Seereise zusammengestellt, die zumeist in Hamburg begann.

Bereits im September 1877 trafen die ersten Russlanddeutschen im brasilianischen Hafen Paranaguá ein. 1878 war dann mit rund 2.500 Kolonisten das "einwanderungsreichste Jahr".

Im Brasilienlied wurde die Auswanderung in dieses südamerikanische Land besungen. Nachdem jedoch in Russland erste Berichte über ernste Schwierigkeiten beim Aufbau von Kolonien eintrafen, ließ die Begeisterung für die Auswanderung in dieses Land bei den Zurückgebliebenen spürbar nach, die Zahl der Ausreisewilligen sank deutlich.

Erst nach Verabschiedung der Fremdengesetze [siehe auch] link von 1887 in Russland kam es wieder zu einer verstärkten Auswanderung von Russlanddeutschen nach Brasilien.

Das Jahr 1890 – ein furchtbares Hungerjahr – wurde zum Höhepunkt neuerlicher Auswanderungen. Damals gingen allein aus den wolhynischen Bezirken Luzk, Kowel und Wladimir rund 10.000 Russlanddeutsche nach Brasilien.

Heutzutage leben noch rund 70.000 Nachfahren der einst eingewanderten Russlanddeutschen in Brasilien.
 
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