Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil III 1917 - 1955

2 Russlanddeutsche in der Sowjetunion der 20er Jahre

2.8 Bildung und Kultur der ASSR der Wolgadeutschen. Die zwanziger Jahre

2.8.1 Deutsch als Amts- und Schulsprache

Alle Dokumente der Sowjetregierung, die die verschiedenen Entwicklungsetappen der Autonomie fixierten, sowie die wolgadeutsche Verfassung von 1926 schrieben das uneingeschränkte Recht für den Gebrauch der deutschen Sprache fest. Der gleichberechtigte Gebrauch der deutschen Sprache in allen Bereichen des politischen und geistig-kulturellen Lebens wurde durch eine ausdrückliche Weisung des Exekutivkomitees der ASSR vom 19. Mai 1924 weiter ausgestaltet. Amtliche Verordnungen wurden seither im Regierungsorgan "Nachrichten" in Deutsch abgedruckt. In Gebieten mit gemischter Bevölkerung galt unbeschadet dessen laut Verfassung für die Amtssprache das Mehrheitsprinzip.

Ausgehend von diesen generellen Regelungen verfügte das Volkskommissariat für Bildung die Einrichtung deutschsprachiger Schulen in Siedlungen mit ausschließlich deutscher Bevölkerung.

Die Anwendung der "richtigen" Sprache am "richtigen" Ort war schwer durchzusetzen – Geschäftsführung und Gespräche in den Sowjetbehörden erfolgten meist in russischer Sprache. Die immer wieder betonte "Nationalisierung" oder "Verdeutschung" der Behörden erwies sich als besonders sensible Aufgabe. Die Folgen der zaristischen Russifizierungspolitik waren nicht von heute auf morgen zu überwinden. Zu diesem Sprachen-Dilemma link gehörte, dass Wolgadeutsche mit einem bestimmten, an russischen Schulen erworbenen Bildungsniveau russisch besser sprachen als deutsch.

Andererseits hatten Mentalität und Lebensweise dazu geführt, dass so mancher Wolgakolonist nur seine Mundart sprach und verstand. Daraus ergab sich ein zusätzliches Problem für den kulturellen Fortschritt.
 
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