Die Beratung von Warenburg
Obwohl bereits von ihren Funktionen abgelöst, wurden wolgadeutsche Semstwopolitiker aktiv. Ein Organisationsausschuss aus solchen Politikern des Kreises Nowousensk rief die der anderen Kreise im Januar 1918 auf, in der Kolonie Warenburg zusammenzukommen "zwecks Ausarbeitung eines praktischen Planes zur allseitigen Vereinigung aller Deutschen an der Wolga". Ziel der Initiatoren war es, selbstbestimmt und selbstverwaltet das nationale und kulturelle Leben der Kolonien zu gestalten.
Die Beratung fand vom 24. bis 28. Februar 1918 in Warenburg südlich von Saratow statt. Die Teilnehmer – deutsche Abgeordnete aus den Semstwos, Vertreter des Wolgadeutschen Zentralkomitees und des
Bundes deutscher Sozialisten an der Wolga – beschlossen als provisorische Verfassung den "
Entwurf für einen nationalen Zusammenschluss aller Wolgakolonisten zu einer selbständigen deutschen Wolgarepublik im russischen Föderationsstaat". Weitere Beschlüsse betrafen die Neuregelung des Steuer- und Gerichtswesens sowie die Bildung einer "Bürgerwehr".
Eine Generalversammlung am 13. Mai 1918 sollte die Grundgesetze der Autonomie ausarbeiten. Für die Übergangszeit wurde ein von der Beratung gewählter provisorischer Hauptverwaltungsrat mit Sitz in Seelmann (Rownoje) tätig.
Im April schickte der Hauptverwaltungsrat eine Delegation nach Moskau, um mit der Sowjetregierung über die angestrebte Autonomie zu verhandeln. Diese Gespräche sowie die mit einer weiteren wolgadeutschen Abordnung veranlassten die Sowjetregierung Ende April, ein
Kommissariat für deutsche Angelegenheiten an der Wolga einzusetzen.