Das Zwangsarbeitssystem für die Sondersiedler und den größten Teil der Trudarmisten wurde ab 1945 mit der Unterwerfung unter "Sonderkommandanturen" des NKWD
[siehe Quellen 43/1] fortgesetzt.
Grundlage war die
Verordnung des Rates der Volkskommissare vom 8. Januar 1945. Sie galt nicht nur für die Russlanddeutschen, sondern für alle Sondersiedler (d.h. 1941 deportierten Nationalitäten).
Die Verordnung legte die Einschränkungen des Kommandanturregimes fest:
- Arbeitspflicht
- Arbeitsplatzzuweisung im Ansiedlungsrayon (d.h. quasi Arbeitsplatzbindung)
- Genehmigungspflicht für zeitweiliges Verlassen des Ansiedlungsortes
- "Strafrechtliche Verantwortlichkeit" bei eigenmächtigem Verlassen desselben, die als "Flucht"
gewertet wurde
- "Vergehen" gegen das vorgeschriebene "Regime" und die "öffentliche Ordnung" wurden
mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet.
Bescheinigung über die Registrierung bei der Kommandantur von 1954 & Monatlicher Meldenachweis
Ein Teil der Trudarmisten verblieb allerdings noch bis 1947/48 unter Militärregime.
Die Lebensbedingungen unter dem Kommandanturregime waren insbesondere in den ersten Nachkriegsjahren äußerst schwierig.
Im Hungerwinter 1946/47 hatte man die mitgebrachte Kleidung, Haushaltsgegenstände, Geschirr usw. gegen karge Rationen von Kartoffeln und Mehl eintauschen müssen, denn das Monatsgehalt eines Schwerarbeiters betrug 600 Rubel, ein Laib Brot konnte auf dem Schwarzmarkt für bis zu 200 Rubel ergattert werden. Ein Pud Mehl (= ca. 16 kg) kostete zeitweise bis zu 1500 Rubel. Unter diesen Versorgungsverhältnissen war es nicht verwunderlich, dass sehr viele den Hungertod starben.
Regional sehr differenziert und stark abhängig vom Verhalten des jeweiligen Kommandanten gab es nach und nach Erleichterungen. Insbesondere konnten die Familien wieder zusammenziehen, die Familien durften bis zu 600 m2 Land für den Eigenbedarf an Kartoffeln nutzen und Kleinvieh halten. Dadurch wurde die Ernährungslage immer besser und die hohen täglichen Arbeitsnormen ließen sich – zur Genugtuung der Behörden – besser erfüllen.
Demgegenüber blieben die schlimmen Bedingungen für jene Russlanddeutschen erhalten, die sich in den Straflagern Sibiriens und des hohen Nordens (Workuta) befanden. Zu ihnen gehörten auch die Repatriierten
(siehe hier) .
Per Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. November 1948 wurde das Regime der Sondersiedlungen neu geregelt.
Da die Dauer der Verschickung 1941 nicht festgelegt worden war, wurde jetzt ergänzend und verschärfend verfügt, dass die Sondersiedler (Tschetschenen, Karatschajer, Inguschen, Kalmyken, Deutsche, Krimtataren u.a.) "auf ewig ohne das Recht auf Rückkehr an ihre einstigen Wohnorte" in den entlegenen Gebieten der Sowjetunion ausgesiedelt blieben. Für Verstöße gegen diese Bestimmungen seitens der Sondersiedler drohten 20 Jahre Zwangsarbeit. Personen, die bei Verstößen "behilflich" waren, erwarteten fünf Jahre Haft.
1949 waren 1,1 Mio. Russlanddeutsche unter Kommandanturregime, von 2,1 Mio. Sondersiedlern insgesamt. Das entspricht ca. 45%. Nach Angaben des NKWD waren (1946) von den noch betroffenen Nationalitäten:
- etwa 400 000 Tschetschenen und Inguschen
- mehr als 60 000 Karatschajer
- 32 000 Balkaren
- 80 000 Kalmyken
- fast 200 000 Krimtataren, Bulgaren und Griechen.
Das Kommandanturregime wurde erst im Dezember 1955
[siehe hier] aufgehoben.
In Gesprächen berichteten uns Zeitzeugen von ihren Erlebnissen aus der Kommandanturzeit. siehe hier:
Otto Dreit,
Katharina Torno und
Lora Richter.