Erfolge und Konflikte
Anknüpfend an die ersten, mühsam errungenen Erfolge nach der Ansiedlung kam es in den Kolonien in der Wolgaregion und im Schwarzmeergebiet während des 19. Jahrhunderts insgesamt zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung.
Diese Entwicklung drückt sich unter anderem in der Größe des von Kolonisten bewirtschafteten Landes aus. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wuchs die Fläche auf 13,4 Millionen Hektar (alle Siedlungsgebiete einschließlich Baltikum) an. Die Anzahl der Kolonien wuchs auf über 3.000.
In den Kolonien war ein anhaltendes
Bevölkerungswachstum 
zu verzeichnen.
In den beiden Siedlungsgebieten existierten unterschiedliche Agrarverfassungen - in den Wolgakolonien das Mir-System und in den Schwarzmeerkolonien das Minorat. Sie beeinflussten die wirtschaftliche Entwicklung in den Kolonien nachhaltig. Während es in den Wolgakolonien zu einer zunehmenden Verarmung kam, war in den Schwarzmeerkolonien eine soziale Differenzierung unter den Kolonisten feststellbar. Die Zahl der
Landlosen 
nahm bereits wenige Jahrzehnte nach der Gründung der Kolonien ständig zu.
In der Landwirtschaft waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Fortschritte 
zu beobachten. Anbaumethoden des Fruchtwechsels begannen sich auszubreiten. Neue landwirtschaftliche Maschinen und Geräte kamen zum Einsatz.
Die Kolonien wurden immer stärker in den überregionalen
Handel 
eingebunden. Der Bau neuer Eisenbahnlinien war für die Entwicklung der Kolonien von Bedeutung.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahmen
Industrie und Handwerk 
einen immer größeren Stellenwert in der wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonien ein.
Die Erfolge sind auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Neben den
Privilegien 
und Freiheiten, die den Kolonisten eingeräumt worden waren, sind auch ihre Kenntnisse und Fertigkeiten zu nennen, die sie aus der Heimat mitbrachten bzw. an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wurden.
Trotz der insgesamt positiven wirtschaftlichen Entwicklung mehrten sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Zeichen für eine
krisenhafte Entwicklung 
in den Kolonien beider Siedlungegebiete.